El­ter­li­che Sor­ge (Sor­ge­recht)

er­stellt am 30.09.22        von Eli­sa­beth Gal­bas, Jen­ni­fer Reh, Prof. Dr. Eva Schu­mann       Fa­mi­li­en­recht, Ge­org-Au­gust-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen

Rundes Icon, das für den Inhaltsbereich "Trennung rechtlich durchdenken" steht. Gezeigt werden ein Mann und seine Tochter im Schulalter, die nah beieinander stehend auf ein Waage- und ein Paragraphensymbol blicken.

Was bedeutet elterliche Sorge und wem steht sie zu?

Ent­schei­dun­g in An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des

Die el­ter­li­che Sor­ge bein­hal­tet die Be­fug­nis, über die An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des zu ent­schei­den. Zur el­ter­li­chen Sor­ge ge­hö­ren die Per­so­nen­sor­ge, die Ver­mö­gens­sor­ge und die ge­setz­li­che Ver­tre­tung des Kin­des.

Per­so­nen­sor­ge um­fasst al­le per­sön­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des, vor al­lem das Recht und die Pflicht, das Kind zu pfle­gen, zu er­zie­hen, zu be­auf­sich­ti­gen und sei­nen Auf­ent­halt zu be­stim­men
Ver­mö­gens­sor­ge um­fasst die Ver­wal­tung des Ver­mö­gens des Kin­des (z. B. Ent­schei­dun­gen über ein Spar­gut­ha­ben des Kin­des)
ge­setz­li­che Ver­tre­tung des Kin­des be­rech­tigt die El­tern, für das Kind Rechts­hand­lun­gen vor­zu­neh­men (z. B. einen Rei­se­pass für das Kind zu be­an­tra­gen)
Ein Mann und eine Frau halten sich und ihre beiden Kinder in den Armen.

Die elterliche Sorge steht meist beiden Eltern gemeinsam zu

Die el­ter­li­che Sor­ge steht bei­den El­tern ei­nes Kin­des zu, wenn

  • sie mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind
  • sie nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind, die ge­mein­sa­me Sor­ge aber durch Sorgeerklärungen oder Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts ent­stan­den ist (an­de­ren­falls steht der Mut­ter die el­ter­li­che Sor­ge al­lein zu)
  • sie bei nicht leib­li­chen El­tern durch Ad­op­ti­on oder Stief­kin­dad­op­ti­on her­bei­ge­führt wur­de

Bei der Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge steht das Kin­des­wohl im Vor­der­grund und mit zu­neh­men­dem Al­ter und Rei­fe des Kin­des ist auch der Kin­des­wil­le mehr und mehr zu be­ach­ten. Als El­tern soll­ten Sie sich da­her nicht nur un­ter­ein­an­der ei­ni­gen, son­dern auch die Vor­stel­lun­gen Ih­res Kin­des ein­be­zie­hen.

Was ändert sich im Falle einer Trennung bei der elterlichen Sorge?

Kei­ne Än­de­rung der el­ter­li­chen Sor­ge durch Tren­nung

Ei­ne Tren­nung der El­tern än­dert nichts an der el­ter­li­chen Sor­ge. Be­steht vor der Tren­nung ein ge­mein­sa­mes Sor­ge­recht, dann be­steht die­ses auch nach der Tren­nung fort. Da­her üben die meis­ten El­tern nach ei­ner Tren­nung die el­ter­li­che Sor­ge wei­ter­hin ge­mein­sam aus. Für Ihr Kind ist es zu­dem wich­tig, wenn es weiß, dass Sie sich als El­tern wei­ter­hin ge­mein­sam ver­ant­wort­lich füh­len und es durch die Tren­nung kei­nen El­tern­teil ver­liert.

Ge­mein­sa­me el­ter­li­che Sor­ge nach ei­ner Tren­nung

Ei­ne ge­mein­sa­me Sor­ge ge­trennt­le­ben­der El­tern kann nur funk­tio­nie­ren, wenn Sie als El­tern wei­ter­hin mit­ein­an­der spre­chen, sich bei wich­ti­gen Er­zie­hungs­fra­gen ei­ni­gen und nicht ge­gen­ein­an­der han­deln. Da die El­tern­ver­ant­wor­tung Recht und Pflicht glei­cher­ma­ßen ist, be­steht die Er­war­tung, dass Sie Ih­re Kon­flik­te als Paar von der Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge tren­nen und als El­tern zum Woh­le des Kin­des zu­sam­men­ar­bei­ten. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Zu­sam­men­ar­beit als El­tern nach ei­ner Tren­nung fin­den Sie im Be­reich "Fair trennen & gemeinsam erziehen" .

 

Mutter und Vater halten gemeinsam die sich zwischen ihnen befindende Tochter an der Hand.

Eltern kümmern sich nach der Trennung gemeinsam um das Kind

Kon­flik­te bei der Aus­übung der ge­mein­sa­men Sor­ge

Bei der Lö­sung von Kon­flik­ten soll­ten Sie nicht nur Ih­re be­rech­tig­ten In­ter­es­sen, son­dern vor al­lem die Be­dürf­nis­se und Wün­sche Ih­res Kin­des im Blick ha­ben. Ziel soll­te es da­bei sein, zum Woh­le des Kin­des ei­ne ein­ver­nehm­li­che Lö­sung zu fin­den.

Bei Be­darf kön­nen Sie die kos­ten­lo­sen Be­ra­tungs- und Un­ter­stüt­zungs­an­ge­bo­te des Ju­gend­amts oder von Fa­mi­li­en- und Er­zie­hungs­be­ra­tungs­stel­len in An­spruch neh­men.

Ge­lingt ei­ne Lö­sung des Kon­flikts trotz Be­ra­tung und Un­ter­stüt­zung nicht, kön­nen Sie sich an das Fa­mi­li­en­ge­richt wen­den. Auch das Ge­richt wird zu­nächst dar­auf hin­wir­ken, dass Sie sich ei­ni­gen. Er­folgt kei­ne Ei­ni­gung, dann ent­schei­det das Ge­richt nach ei­ner An­hö­rung des Kin­des. Es trifft da­bei die Ent­schei­dung, die un­ter Be­rück­sich­ti­gung der tat­säch­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten und Mög­lich­kei­ten so­wie der be­rech­tig­ten In­te­res­sen der El­tern dem Wohl des Kin­des am bes­ten ent­spricht.

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El­tern-Tipp:
Vor­ge­hen im Kon­flikt­fall

 

Das Schaubild zeigt das Vorgehen im Konfliktfall in drei Schritten: 1. Konflikt durch Kommunikation lösen, 2. Beratung und Unterstützung einholen, 3. das Familiengericht zur Klärung hinzuziehen.

Welche Besonderheiten gelten für getrenntlebende Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge?

Auf­tei­lung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se bei ge­trennt­le­ben­den El­tern

Zur Kon­flikt­ver­mei­dung sieht § 1687 BGB ab­ge­stuf­te Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se der ge­mein­sam sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern vor. Die Norm gilt un­ein­ge­schränkt für das sog. Re­si­denz­mo­dell. Bei die­sem Be­treu­ungs­mo­dell lebt das Kind nach der Tren­nung ganz über­wie­gend bei ei­nem El­tern­teil (haupt­be­treu­en­der El­tern­teil) und be­sucht den an­de­ren El­tern­teil (Um­gangs­el­tern­teil) re­gel­mä­ßig.

Die Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se sind bei ge­trenn­t­le­ben­den El­tern mit ge­mein­sa­mem Sor­ge­recht wie folgt auf­ge­teilt:
  • Bei An­ge­le­gen­hei­ten, die für das Kind von er­heb­li­cher Be­deu­tung sind, müs­sen sich die El­tern ei­ni­gen und ge­mein­sam ent­schei­den.
  • Über An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens (All­tags­sor­ge) ent­schei­det der haupt­be­treu­en­de El­tern­teil al­lein. An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens sind sol­che, die häu­fig vor­kom­men und kei­ne schwer ab­zuän­dern­den Aus­wir­kun­gen auf die Ent­wick­lung des Kin­des ha­ben.
  • Über An­ge­le­gen­hei­ten der tat­säch­li­chen Be­treu­ung (wie z. B. Schla­fens­zei­ten, Fern­seh­kon­sum) ent­schei­det der Um­gangs­el­tern­teil wäh­rend des Um­gangs al­lein.
 

Die Ab­gren­zung zwi­schen An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung und All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten kann im Ein­zel­fall schwie­rig sein.

Ei­ne ers­te Ori­en­tie­rung an­hand von Bei­spie­len fin­den Sie hier:

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Ent­schei­dungs­be­fug­nis in Not­fäl­len

In Not­fäl­len darf der El­tern­teil, bei dem sich das Kind ge­ra­de auf­hält, auch Ent­schei­dun­gen in An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung oh­ne Mit­wir­kung des an­de­ren El­tern­teils tref­fen. Ein sol­cher Not­fall liegt vor, wenn im Ein­zel­fall an­ge­sichts der zu er­war­ten­den Ge­fähr­dung des Kin­des­wohls das Ein­ho­len ei­ner Ent­schei­dung des an­de­ren El­tern­teils nicht mehr mög­lich ist (z. B. un­auf­schieb­ba­re ärzt­li­che Ein­grif­fe).

 

Eine Mutter pflegt ihr krank im Bett liegendes Kind und fühlt seine Stirn.

In Not­fäl­len darf jeder Elternteil al­lein ent­schei­den

All­tags­sor­ge bei ge­teil­ter Be­treu­ung (Wech­selm­odell)  

Im paritätischen Wechselmodell passt die ge­setz­li­che Re­ge­lung zur All­tags­sor­ge nicht. Aber auch beim asym­me­tri­schen Wech­selm­odell emp­fiehlt es sich, die Ent­schei­dung in All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten in ei­ner El­tern­ver­ein­ba­rung zu re­geln. Wich­tig ist, dass Sie prak­ti­ka­ble Lö­sun­gen fin­den und da­bei das Kin­des­wohl nicht aus dem Blick ver­lie­ren.

Ein Mus­ter für ei­ne El­tern­ver­ein­ba­rung bei ge­teil­ter Be­treu­ung fin­den Sie hier:

STARK-MUSTERVEREINBARUNG

Es be­ste­hen fol­gen­de Al­ter­na­ti­ven zur Fest­le­gung der All­tags­sor­ge in ei­ner Ver­ein­ba­rung der El­tern...

Die­se Ver­ein­ba­rung er­for­dert einen sehr ho­hen Ab­stim­mungs­be­darf zwi­schen den El­tern und ist da­her im Re­gel­fall nicht zu emp­feh­len.

Die­se Ver­ein­ba­rung kann den All­tag für die El­tern er­heb­lich er­leich­tern. Al­ler­dings kann es für das Kind wich­tig sein, dass bei be­stimm­ten Ta­ges­rou­ti­nen, ins­be­son­de­re bei Schla­fens- und Es­sen­zei­ten oder Fern­seh- und Me­di­en­kon­sum, ei­ne ge­wis­se Sta­bi­li­tät und Kon­ti­nui­tät be­steht. Da­her emp­fiehlt es sich, dass die El­tern bei sol­chen Ta­ges­rou­ti­nen zum Woh­le des Kin­des Rück­sicht auf­ein­an­der neh­men.

Ei­ne prak­ti­ka­ble Lö­sung kann dar­in be­ste­hen, dass die El­tern vor­ab ver­ein­ba­ren, in wel­chen Be­rei­chen der All­tags­sor­ge sie ge­mein­sam ent­schei­den und in wel­chen Fäl­len der je­weils be­treu­en­de El­tern­teil al­lein ent­schei­den kann. Zu­sätz­lich kön­nen Ent­schei­dun­gen in ein­zel­nen Ver­ant­wor­tungs­be­rei­chen zwi­schen den El­tern auf­ge­teilt wer­den, so dass bei­spiels­wei­se ein El­tern­teil über die Hob­bys be­stimmt, wäh­rend der an­de­re El­tern­teil die Klei­dung für das Kind ein­kauft.

Was passiert, wenn sich die Eltern bei einzelnen wichtigen Fragen nicht einigen können?

Streit in ein­zel­nen Fra­gen von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind

Wenn Sie sich als El­tern bei ein­zel­nen Fra­gen, die für Ihr Kind von er­heb­li­cher Be­deu­tung sind, nicht ei­ni­gen kön­nen, dann soll­ten Sie die­se Fra­gen zu­nächst mit Ih­rem Kind be­spre­chen, so­weit dies nach Al­ter und Rei­fe mög­lich ist. Denn zu Ih­rer El­tern­ver­ant­wor­tung ge­hört es auch, die Wün­sche und Vor­stel­lun­gen Ih­res her­an­wach­sen­den Kin­des bei der Er­zie­hung zu be­rück­sich­ti­gen und ein­ver­nehm­li­che Lö­sun­gen ge­mein­sam mit Ih­rem Kind zu fin­den.

Zur Lö­sung des Kon­flikts kön­nen Sie die kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsangebote des Ju­gend­am­tes oder von Er­zie­hungs- und Fa­mi­li­en­be­ra­tungs­stel­len in An­spruch neh­men.

Ein Mann und eine Frau streiten sich lautstark und gestikulieren wild. Daneben sitzt ein Kind auf dem Boden, dass seinen Kopf in seinen auf den Knien verschränkten Armen versteckt hat. Im Hintergrund stehen ein Sessel und ein Beistelltisch.

Kommt es zu Streit, kann es sinnvoll sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen

El­tern-Tipp:
Vor­ge­hen im Kon­flikt­fall

 

Das Schaubild zeigt das Vorgehen im Konfliktfall in drei Schritten: 1. Konflikt durch Kommunikation lösen, 2. Beratung und Unterstützung einholen, 3. das Familiengericht zur Klärung hinzuziehen.

Kon­flikt­lö­sung mit Hil­fe des Fa­mi­li­en­ge­richts

Lässt sich der Konflikt nicht lösen und muss eine Entscheidung für das Kind getroffen werden, dann können Sie sich an das Fa­mi­li­en­ge­richt wenden. Auch das Gericht wird zunächst darauf hinwirken, dass Sie sich einigen. Gelingt dies nicht, dann überträgt das Gericht nach einer An­hö­rung des Kin­des die Befugnis zur Entscheidung der strittigen Frage auf einen Elternteil. Dabei berücksichtigt es die tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie die berechtigten Interessen der Eltern und trifft die Entscheidung, die dem Wohl des Kin­des am bes­ten ent­spricht.

Nähere Informationen und Bei­spie­le aus der ge­richt­li­chen Pra­xis zur Übertragung der Entscheidung in einer wichtigen Angelegenheit für das Kind auf einen Elternteil finden Sie hier:

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Wann ist es sinnvoll, die Übertragung der Alleinsorge beim Familiengericht zu beantragen?

Grün­de für die Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge

Nach ei­ner Tren­nung kann es in man­chen Fäl­len sinn­voll sein, dass die bis­lang ge­mein­sam aus­ge­üb­te Sor­ge auf einen El­tern­teil über­tra­gen wird. Ei­ne Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge ist ins­be­son­de­re dann sinn­voll, wenn...

  • er­heb­li­che und dau­er­haf­te Kon­flik­te zwi­schen den El­tern be­ste­hen, die sich ne­ga­tiv auf das Wohl des Kin­des aus­wir­ken, oder
  • ein El­tern­teil zur Aus­übung der ge­mein­sa­men Sor­ge nicht mehr be­reit oder in der La­ge ist

Für die Über­tra­gung der el­ter­li­chen Sor­ge auf einen El­tern­teil ist ei­ne Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts nö­tig. Den An­trag kann je­der El­tern­teil stel­len.
 

Prü­fung des An­trags auf Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge durch das Fa­mi­li­en­ge­richt

Das Fa­mi­li­en­ge­richt prüft, ob es dem Wohl des Kin­des am bes­ten ent­spricht, wenn die ge­mein­sa­me Sor­ge auf­ge­ho­ben und die Al­lein­sor­ge auf den an­trag­stel­len­den El­tern­teil über­tra­gen wird. Wird dies be­jaht, dann er­hält der an­trag­stel­len­de El­tern­teil die Al­lein­sor­ge ge­gen den Wil­len des an­de­ren El­tern­teils. Nä­he­res zur Kin­des­wohl­prü­fung er­fah­ren Sie hier:

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Un­ter den­sel­ben Vor­aus­set­zun­gen kann das Fa­mi­li­en­ge­richt auch nur einen Teil­be­reich der el­ter­li­chen Sor­ge auf einen El­tern­teil al­lein über­tra­gen. Teil­be­rei­che der Per­so­nen­sor­ge sind z. B.

  •      die Ge­sund­heits­für­sor­ge für das Kind
  •      die Be­stim­mung über den Aufenthalt des Kindes
Ein­ver­nehm­li­che Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge

Mit Hil­fe des Fa­mi­li­en­ge­richts kann auch ein­ver­nehm­lich die Al­lein­sor­ge auf einen El­tern­teil über­tra­gen wer­den. Dies kann sich in Aus­nah­me­fäl­len an­bie­ten, z. B. wenn ein El­tern­teil im Aus­land lebt und schlecht er­reich­bar ist. Das Fa­mi­li­en­ge­richt über­trägt in die­sem Fall die Al­lein­sor­ge auf den an­trag­stel­len­den El­tern­teil, wenn...

  • der an­de­re El­tern­teil zu­stimmt und
  • das min­des­tens 14 Jah­re al­te Kind nicht wi­der­spricht

Wann ist die Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht sinnvoll?

Ge­mein­sa­me Ver­tre­tung bei ge­mein­sa­mer Sor­ge

Sind Sie als ge­trennt­le­ben­de El­tern ge­mein­sam sor­ge­be­rech­tigt, müs­sen Sie das Kind grund­sätz­lich ge­mein­sam ver­tre­ten, wenn es um An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind geht (z. B. bei der Ein­schu­lung oder der Auf­nah­me ins Kran­ken­haus). Hin­ge­gen hat in An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens (sog. All­tags­sor­ge) der haupt­be­treu­en­de El­tern­teil im Residenzmodell be­reits kraft Ge­set­zes ein Al­lein­ver­tre­tungs­recht. Zur All­tags­sor­ge im Wechselmodell fin­den Sie wei­ter oben In­for­ma­tio­nen.

Die Ab­gren­zung zwi­schen An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung und All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten kann im Ein­zel­fall schwie­rig sein. Ei­ne ers­te Ori­en­tie­rung an­hand von Bei­spie­len fin­den Sie hier:

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Er­leich­ter­ter All­tag durch Sor­ge­rechts­voll­macht

Die ge­mein­sa­me Ver­tre­tung des Kin­des durch bei­de El­tern be­deu­tet, dass bei Rechts­hand­lun­gen ge­gen­über Drit­ten in wich­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des wie grund­le­gen­den me­di­zi­ni­schen Ein­grif­fen (z. B. Er­tei­lung der Ein­wil­li­gung in Schutz­imp­fun­gen) oder schu­li­schen An­ge­le­gen­hei­ten (z. B. An­mel­dung in der wei­ter­füh­ren­den Schu­le) im­mer ein ge­mein­sa­mes Han­deln der El­tern not­wen­dig ist. Das kann zum Pro­blem wer­den, wenn die El­tern bei­spiels­wei­se weit aus­ein­an­der woh­nen oder ein El­tern­teil be­ruf­lich stark ein­ge­spannt ist. In sol­chen Fäl­len kann es sinn­voll sein, dass ein El­tern­teil dem an­de­ren ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht er­teilt. Die­se ge­stat­tet dem be­voll­mäch­tig­ten El­tern­teil, das Kind in den in der Voll­macht ge­nann­ten An­ge­le­gen­hei­ten wirk­sam ge­gen­über Drit­ten zu ver­tre­ten, d. h. die Rechts­hand­lung al­lei­ne vor­zu­neh­men. Die Sor­ge­rechts­voll­macht ist frei wi­der­ruf­lich. Das be­deu­tet, dass sie je­der­zeit zu­rück­ge­nom­men oder an­ge­passt wer­den kann.

Vor­tei­le ei­ner Sor­ge­rechts­voll­macht
Ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht kann ei­ni­ge Vor­tei­le ha­ben...
  • er­öff­net dem be­voll­mäch­tig­ten El­tern­teil grö­ße­re Hand­lungs­spiel­räu­me
  • kann zur Re­du­zie­rung des Kon­flikt­po­ten­ti­als zwi­schen den El­tern bei­tra­gen
  • kann je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den  
Kein Ver­lust der el­ter­li­chen Sor­ge durch Sor­ge­rechts­voll­macht

Durch ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht ver­liert der voll­macht­ge­ben­de El­tern­teil sei­ne el­ter­li­che Sor­ge nicht. Er bleibt wei­ter­hin voll­um­fäng­lich sor­ge­be­rech­tigt und muss an der Ent­schei­dungs­fin­dung in An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung wei­ter mit­wir­ken. Bei der Sor­ge­rechts­voll­macht geht es al­so nur um ei­ne Ver­tre­tung des Kin­des ge­gen­über Drit­ten, die durch die Voll­macht ei­nem El­tern­teil al­lein über­tra­gen ist. 

Für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten kann die Er­tei­lung ei­ner Sor­ge­rechts­voll­macht sinn­voll sein:

  • für die Wahr­neh­mung von Arzt­be­su­chen 
  • in schu­li­schen An­ge­le­gen­hei­ten 
  • im Be­reich der Ver­mö­gens­sor­ge
Form der Sor­ge­rechts­voll­macht 

Die Sor­ge­rechts­voll­macht ist an kei­ne Form ge­bun­den. Es bie­tet sich je­doch an, die Voll­macht schrift­lich zu fi­xie­ren, um Klar­heit zu schaf­fen und die Voll­macht auch ge­gen­über Drit­ten (z. B. beim Arzt oder in der Schu­le) vor­le­gen zu kön­nen. Ein Mus­ter für ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht fin­den Sie hier:

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Quellen & Links

Mehr zum The­ma

Hier fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu Quel­len der In­hal­te die­ser Sei­te und Links zu ver­tie­fen­den In­for­ma­tio­nen.

Als Quel­len wur­den un­ter an­de­rem ver­wen­det:

Daml­ja­no­vic, D. (2016). Das Wech­selm­odell. Gel­ten­des Recht und Re­form­be­darf. Pe­ter Lang.

Schu­mann, E. (2018). Ge­mein­sam ge­tra­ge­ne El­tern­ver­ant­wor­tung nach Tren­nung und Schei­dung  Re­form­be­darf im Sor­ge-, Um­gangs- und Un­ter­halts­recht? in: Ver­hand­lun­gen zum 72. Deut­schen Ju­ris­ten­tag, hrsg. von der Stän­di­gen De­pu­ta­ti­on des Deut­schen Ju­ris­ten­ta­ges, Bd. 1. C.H.Beck.

Schwab, D., Görtz-Lei­ble, M. (2022). Mei­ne Rech­te bei Tren­nung und Schei­dung. dtv.

Völ­ker, M., Clau­si­us, M. (2021). Sor­ge- und Um­gangs­recht. Hand­buch für die fa­mi­li­en­recht­li­che Pra­xis. Rechts­grund­la­gen, Er­läu­te­run­gen, Mus­ter. No­mos.

Zorn, D. (2016). Das Recht der el­ter­li­chen Sor­ge. Vor­aus­set­zun­gen, In­halt, Schran­ken. De Gruy­ter.

Wich­ti­ge Ge­richts­ent­schei­dun­gen: 

BGH 3.5.2017 – XII ZB 157/16 (Über­tra­gung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis über Schutz­imp­fun­gen des Kin­des auf einen El­tern­teil)

BGH 6.5.2005 – XII ZB 33/04 (Kri­te­ri­en zur Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge auf einen El­tern­teil) 

OLG Frank­furt a.M. 26.4.2022 – 1 UF 219/21 (Über­tra­gung des Auf­ent­halts­be­stim­mungs­rechts auf einen El­tern­teil)

 

Be­treu­ungs­mo­del­le
Er­klä­run­gen & Rechts­fol­gen der ver­schie­de­nen Be­treu­ungs­mo­del­le

Das ge­wähl­te Be­treu­ungs­mo­del­l wirkt sich auf die Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge aus­. Auf der ver­link­ten Un­ter­sei­te wer­den die ver­schie­de­nen Be­treu­ungs­mo­del­le und ih­re Rechts­fol­gen er­klärt.

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Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht
Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ist ein Teil der el­ter­li­chen Sor­ge


Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht um­fasst die Ent­schei­dun­gen, die den Auf­ent­halt des Kin­des be­tref­fen. Da­zu ge­hö­ren der Le­bens­mit­tel­punkt des Kin­des oder ge­mein­sa­me Ur­lau­be mit dem Kind. Mehr er­fah­ren Sie auf der fol­gen­den Un­ter­sei­te.

MEHR ERFAHREN

El­tern­ver­ein­ba­run­gen
Ein­ver­nehm­li­che Ent­schei­dun­gen tref­fen

In El­tern­ver­ein­ba­run­gen kön­nen El­tern ge­trof­fe­ne Re­ge­lun­gen zur Aus­übung der El­tern­ver­ant­wor­tung, auch im Hin­blick auf die el­ter­li­che Sor­ge, fest­hal­ten. Al­les Wis­sens­wer­te zu El­tern­ver­ein­ba­run­gen er­hal­ten Sie auf der fol­gen­den Un­ter­sei­te.

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