Elternverantwortung nach einer Trennung
Die Ausgestaltung der elterlichen Sorge, die Aufteilung der Betreuung des Kindes, die Regelung des Umgangs mit dem Kind, die Bestimmung des Aufenthalts des Kindes sowie die Berücksichtigung von Kindeswohl und Kindeswille beschäftigen getrenntlebende Eltern. Welche rechtlichen Vorgaben Sie bei diesen Aspekten der Elternverantwortung beachten sollten, erfahren Sie auf dieser Seite.
erstellt am 30.09.22 von Elisabeth Galbas, Jennifer Reh, Prof. Dr. Eva Schumann Familienrecht, Georg-August-Universität Göttingen

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie die Inhalte dieser Seite im Überblick
- Elterliche Sorge (Sorgerecht)
- Betreuungsmodelle
- Umgang
- Aufenthaltsbestimmungsrecht
- Kindeswohl und Kindeswille
Elterliche Sorge (Sorgerecht)
Wie sich eine Trennung der Eltern auf die Ausübung der elterlichen Sorge auswirkt und welche Handlungsoptionen Sie als Eltern haben, erfahren Sie im Folgenden.
Als Eltern müssen Sie über Angelegenheiten Ihres Kindes täglich Entscheidungen treffen. Vielen getrenntlebenden Eltern fällt es zunächst schwer, Erziehungs- und Betreuungsfragen zu besprechen und gemeinsame Lösungen zu finden. In welchem Umfang Sie Entscheidungen für das Kind alleine treffen können und in welchen Fällen Sie sich mit dem anderen Elternteil einigen müssen, ist zunächst davon abhängig, wer die elterliche Sorge innehat. Die meisten getrenntlebenden Eltern üben die elterliche Sorge gemeinsam aus. Möglich ist aber auch, dass nur ein Elternteil sorgeberechtigt ist. In jedem Fall besteht aber die gemeinsame Verantwortung der Eltern für das Kind fort.
Auf der folgenden Unterseite werden die wichtigsten Fragen zur Ausübung der gemeinsamen Sorge getrenntlebender Eltern beantwortet. Zudem wird erklärt, in welchen Fällen die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil sinnvoll sein kann.
Betreuungsmodelle
Im Falle einer Trennung müssen Eltern entscheiden, wie sie ihr Kind künftig betreuen wollen. Die einzelnen Betreuungsmodelle haben unterschiedliche rechtliche Folgen.
Heute üben die meisten getrenntlebenden Eltern die elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam aus. Von der elterlichen Sorge ist jedoch die Ausgestaltung der Betreuung des Kindes durch die Eltern zu trennen. Die Mehrheit der getrenntlebenden Eltern praktiziert derzeit das Residenzmodell. Bei diesem Betreuungsmodell lebt das Kind ganz überwiegend bei einem Elternteil und hat mit dem anderen Elternteil regelmäßig Umgang. Zunehmend wollen sich getrenntlebende Eltern aber die Betreuung des Kindes teilen (sog. geteilte Betreuung oder Wechselmodell). Beim Residenzmodell und bei der geteilten Betreuung gibt es unterschiedliche Varianten. Umstritten ist die Abgrenzung zwischen einem Residenzmodell mit erweitertem Umgang und einem asymmetrischen Wechselmodell. Eltern können auch das sog. Nestmodell wählen, bei dem die Eltern abwechselnd im Familienheim wohnen und die Kinder betreuen. Das Nestmodell hat allerdings keine besonderen rechtlichen Auswirkungen.
Auf der folgenden Unterseite erfahren Sie mehr zu allen rechtlichen Fragen, die sich aus der Entscheidung für ein bestimmtes Betreuungsmodell ergeben.
Auch wenn die Abgrenzung zwischen den Betreuungsmodellen im Einzelfall schwierig erscheinen mag, gilt im Grundsatz Folgendes:

Residenzmodell
Beim Residenzmodell hat das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil und hat mit dem anderen regelmäßig Umgang.

Geteilte Betreuung bzw. Wechselmodell
Bei der geteilten Betreuung bzw. dem Wechselmodell wechselt das Kind zwischen zwei Lebensmittelpunkten hin und her.

Nestmodell
Die Kinder leben stabil an einem Ort, z. B. der ehemaligen Familienwohnung, und die Eltern leben abwechselnd bei den Kindern und teilen sich die Betreuung ihrer Kinder auf.
Umgang
Bei getrenntlebenden Eltern, die das Residenzmodell praktizieren, muss der Umgang des Kindes mit dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, geregelt werden. Wie der Umgang ausgestaltet werden kann und was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie im Folgenden.
Mit Umgang ist der persönliche Kontakt des Kindes mit seinen Eltern gemeint. Leben die Eltern mit dem Kind unter einem Dach, dann erfolgt der Umgang miteinander durch den gemeinsamen Familienalltag. Zur Elternverantwortung getrenntlebender Eltern gehört es, den Umgang mit dem Kind zu regeln. Da der regelmäßige Umgang zwischen Kind und Eltern in der Regel dem Wohl des Kindes dient, ist in § 1684 Absatz 1 BGB ein Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil vorgesehen. Demzufolge ist jeder Elternteil nicht nur zum Umgang mit dem Kind berechtigt, sondern auch verpflichtet. Da das Recht des Kindes auf Umgang ebenso wie das elterliche Umgangsrecht auch durch das Grundgesetz geschützt ist, kann der Umgang nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden.
Auf der folgenden Unterseite werden wichtige Fragen zum Umgang beantwortet, insbesondere wird erklärt, wie der Umgang ausgestaltet werden kann, was im Streitfall passiert und unter welchen Voraussetzungen eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs möglich ist.

Aufenthaltsbestimmungsrecht
Welche Bedeutung das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat und unter welchen Voraussetzungen es auf einen Elternteil übertragen werden kann, wird im Folgenden erläutert.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil der elterlichen Sorge. Es umfasst alle Entscheidungen, die den Aufenthalt des Kindes betreffen. Dazu gehört vor allem die Entscheidung über den Lebensmittelpunkt des Kindes, aber unter Umständen auch die Frage, wohin das Kind in den Urlaub fahren darf. Grundsätzlich steht das Aufenthaltsbestimmungsrecht, ebenso wie die gesamte elterliche Sorge, beiden Eltern gemeinsam zu. Bei getrenntlebenden Eltern kann es über Fragen des Aufenthalts des Kindes zum Konflikt kommen, etwa wenn der hauptbetreuende Elternteil mit dem Kind wegziehen möchte und dies den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil erschweren könnte.
Auf der folgenden Unterseite wird erläutert, welche Entscheidungen vom Aufenthaltsbestimmungsrecht umfasst sind, nach welchen Kriterien dieses Recht auf einen Elternteil übertragen werden kann und welche Lösungen es im Konfliktfall gibt.
Was ist vom Aufenthaltsbestimmungsrecht umfasst?
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht umfasst insbesondere die Entscheidung über...
- den Wohnort des Kindes
- einen Umzug
- Urlaubsreisen
- Kur- und Krankenhausaufenthalte
- Ausgehzeiten
Zum Aufenthaltsbestimmungsrecht gehört auch, dass dem Kind verboten werden kann, bestimmte Orte aufzusuchen, oder dass Zeiten festgelegt werden, an denen das Kind zu Hause sein muss.
Kindeswohl und Kindeswille
Das Kindeswohl und der Kindeswille sind von den Eltern bei der Ausübung der Elternverantwortung zu berücksichtigen, können aber auch bei Entscheidungen des Familiengerichts eine Rolle spielen. Worauf Sie achten sollten, wird im Folgenden erklärt.
Im Falle einer Trennung müssen Eltern viele Fragen entscheiden, die das Kind unmittelbar betreffen und sich dauerhaft auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirken können: Soll die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausgeübt werden? Wer betreut das Kind in welchem Umfang? Soll das Kind überwiegend bei einem Elternteil leben und wie soll dann der Umgang mit dem anderen Elternteil geregelt werden?
Bei all diesen Fragen ist es wichtig, dass Sie als Eltern nicht nur Ihre eigenen Interessen, sondern vor allem das Wohl und den Willen Ihres Kindes im Blick haben und bei Ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Kindeswohl und Kindeswille sind zu beachten