Konfliktlösung und Deeskalation
Meinungsverschiedenheiten und Konflikte kommen in allen Familien vor. Sie sind notwendig, um Ansichten und Änderungswünsche zu verdeutlichen. Ob ein Konflikt eskaliert, hängt häufig davon ab, wie man sich während eines Konflikts verhält und kommuniziert. Hier erfahren Sie, wie man Konflikte lösen und schwierige Situationen deeskalieren kann.
geändert am 30.08.22 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Inhalte dieser Seite
- Wie verhalte ich mich selbst im Konflikt?
- Wie kann man Konflikte lösen?
- Wie kann man konflikthafte Situationen deeskalieren?
- Was kann ich tun, wenn der andere sich keine Mühe gibt?
- Deeskalation und Kompromisse oder Grenzen ziehen?
Wie verhalte ich mich selbst im Konflikt?
Hier erfahren Sie, welche grundlegende Haltung Ihnen im Konflikt helfen kann.
Während eines Konflikts kann man zwischen verschiedenen Arten unterscheiden, zu kommunizieren und sich zu verhalten, die man zusammengefasst als konstruktives oder destruktives Konfliktverhalten beschreiben kann.
Konstruktives Konfliktverhalten
Konstruktiv im Konflikt zu kommunizieren bedeutet, sachlich und ruhig auf Lösungssuche gehen, offen die jeweiligen Sichtweisen austauschen und eine grundsätzlich akzeptierende Haltung dem anderen Elternteil gegenüber.

Destruktives Konfliktverhalten
Destruktive Konfliktkommunikation ist charakterisiert durch Kritik und verbale Aggression (z. B. Beleidigungen), Verächtlichkeit und Machtdemonstrationen oder eine starke Verteidigungshaltung sowie Rückzug und Ignorieren/Mauern. Natürlich kann Rückzug in manchen Situationen auch eine gute Strategie zur Deeskalation von Konflikten sein. Wenn Konflikte jedoch grundsätzlich vermieden werden, kann auch keine Problemlösung herbeigeführt werden.
Für Kinder ist das Miterleben von destruktiv geführten Konflikten, die häufig vorkommen oder nicht gelöst werden, belastend. Es beeinträchtigt ihr Sicherheitsempfinden und ihre Entwicklung. Im Vergleich dazu sind konstruktiv geführte Konflikte von Eltern ein Vorbild, von dem Kinder für die Zukunft lernen können. Testen Sie Ihren eigenen Konfliktstil und erfahren Sie, was er bedeutet.
Der andere hat angefangen...
Viele Eltern berichten, dass ihr Verhalten nur eine Reaktion auf den anderen Elternteil ist, und sie sich durchsetzen müssen, wenn sie den Eindruck haben, der andere Elternteil sei im Unrecht. Sie können nicht anders, als auf eine bestimmte Weise zu reagieren. Manchmal fühlen sie sich wie gefangen.
Hier kann es notwendig sein, den Fokus wieder auf sich selbst zu lenken: Sie können etwas tun, und Ihr eigenes Verhalten steuern ( mit Stress umgehen )! Wenn Sie immer darauf warten, dass der andere Elternteil sein Verhalten ändert, bevor Sie es tun, hören die Konflikte vielleicht nie auf.

Eltern-Tipp
Kinder profitieren auch davon, wenn sich nur ein Elternteil konstruktiver verhält und so die Konflikte nicht weiter verschärft.
Wie kann man Konflikte lösen?
Hier finden Sie Informationen über Strategien zur Konfliktlösung.
Wenn ein Konflikt bereits entstanden ist, ist es wichtig, Methoden zu kennen, ihn zu lösen oder Wege zu finden, die Situation zu deeskalieren, ohne sich gegenseitig zu verletzen und die Bedürfnisse der Kinder aus den Augen zu verlieren. Um Konflikte konstruktiv zu lösen, können Sie auf folgende Punkte achten:
Konflikte lösen
Tipps, wie man gemeinsam Lösungen findet.
- Das Gespräch mit dem anderen Elternteil suchen, am besten, wenn Sie sich beide etwas beruhigt haben.
- Die gemeinsame Verantwortung für die Kinder als übergeordnetes Ziel im Blick behalten.
- Offen für Alternativen bleiben und (gemeinsam) über mögliche Kompromisse nachdenken. Kompromisse sind zwar nicht immer die beste Lösung, jedoch meist gut genug oder zumindest besser, als weiterhin zu streiten.
- Auf das Finden einer Lösung fokussieren, nicht darauf, den Schuldigen zu finden.
- Analysieren des eigenen Konfliktverhaltens mit dem Test Welcher Konflikttyp bin ich? und Einüben, wie man selbst den Konflikt ausbremsen kann ( mit Stress umgehen ).
- Sachlich bleiben, auch wenn der andere laut wird.
- Dem anderen Elternteil keine bösen Absichten unterstellen (Sie können davon ausgehen, dass Eltern in der Regel das Beste für ihre Kinder wollen).
- Unterstützung bei neutralen Dritten, wie einer Beratungsstelle oder Mediation, suchen, wenn sich die Situation nicht verbessert ( Anlaufstellen und HIlfen ).
Wie kann man konflikthafte Situationen deeskalieren?
Hier erfahren Sie, was Sie selbst tun können, um Eskalationen zu vermeiden.

Möglichkeiten der Deeskalation
Wenn Konflikte bereits eskaliert sind, gibt es trotzdem noch einige Dinge, die Sie tun können - auch unabhängig davon, wie sich der andere verhält. Kindern tut es auch gut, wenn nur ein Elternteil versucht, die Situation zu verbessern. Im Folgenden finden Sie eine Liste von Dingen, die Sie selbst tun können, um die Situation im Gespräch zu deeskalieren:
Deeskalation in Worten
Zuhören
Oft möchte man in Auseinandersetzungen schnell reagieren, ist dadurch aber mehr mit der Formulierung der Antwort beschäftigt als mit dem Zuhören. Dies ist jedoch wichtig, um die Perspektive des anderen zu verstehen.
Beobachten und Nachfragen statt Interpretieren und Urteilen
Die Worte des anderen Elternteils werden häufig auf der Grundlage früherer negativer Erfahrungen und Verletzungen interpretiert. Fragen Sie stattdessen nach, wie bestimmte Dinge gemeint sind, und versuchen Sie, Ihr Sachohr zu schulen ( Kommunikation mit dem anderen Elternteil )
Ausreden lassen
Häufig beschleunigen sich Auseinandersetzungen dadurch, dass man sehr schnell aufeinander reagiert und sich gegenseitig ins Wort fällt. Warten Sie ab und verlangsamen Sie so den Konflikt.
Verantwortung für die eigenen Taten übernehmen, sich entschuldigen
Kein Mensch ist perfekt, und vielleicht hatten Sie auch gute Gründe für Ihr Verhalten. Fehler einzuräumen und dafür gerade zu stehen, zeigt Stärke.
Ich-Botschaften
Sprechen Sie in konflikthaften Situationen über sich und die eigenen, konkreten Beobachtungen, statt dem anderen Vorwürfe zu machen.
Gemeinsamkeiten betonen
Natürlich gibt es viele Unterschiede zwischen Ihnen und dem anderen Elternteil. Auf der Suche nach guten Lösungen kann es aber sinnvoll sein, Gemeinsamkeiten oder das übergeordnete Ziel, dass es Ihren Kindern gut geht, anzusprechen.
Sprechen Sie das Problem an, statt die Person ansich anzugreifen
Häufig wird Kritik auf die gesamte Person bezogen, z. B. „Du bist ein unpünktlicher Mensch“, obwohl man auf eine konkrete Situation Bezug nimmt. Kritisieren Sie deshalb immer ein bestimmtes Verhalten: „Dass du gestern nicht pünktlich gekommen bist, war schwierig für unsere Tochter“.
Deeskalation in Taten
Wertschätzung des Gegenübers als anderer Elternteil
Auch wenn Sie die guten Seiten beim anderen Elternteil gerade nicht sehen können, es gibt sie. Versuchen Sie sich an gute Eigenschaften, ob damals oder heute, zu erinnern und sprechen Sie auch positiv verlaufende Situationen an. Dies stärkt die gemeinsame Basis für Sie beide als Eltern Ihrer Kinder.
Aushalten von Spannungen, Toleranz für gegensätzliche Meinungen und Verhaltensweisen
Nicht alle Menschen sind gleich, auch wenn Sie es sich wünschen der andere Elternteil wäre Ihnen doch in der Erziehung ein bisschen ähnlicher. Eine gewisse Toleranz dafür, dass der andere Elternteil die Dinge anders handhabt als Sie, ist notwendig, um gute Lösungen zu finden. Sie müssen nicht immer einer Meinung sein!
Respekt und höfliche Umgangsformen
Pflegen Sie einen sachorientierten Umgang mit dem anderen Elternteil, vielleicht wie bei einem unliebsamen Kollegen oder einer fordernden Chefin, mit denen Sie aber zusammenarbeiten müssen. Bleiben Sie deshalb höflich und respektvoll!
Kleine praktische Schritte
Auch kleine Dinge in eine neue Richtung zu lenken, kann positiv sein, und gibt ein gutes Gefühl für den nächsten Schritt. Nehmen Sie sich nicht gleich das schwierigste Thema zuerst vor!
Sicheren Rahmen schaffen
Wenn Sie ein Problem ansprechen wollen, schaffen Sie sichere Rahmenbedingungen für ein solches Gespräch. Vermeiden Sie etwa, das Thema in Gegenwart Ihrer Kinder anzusprechen, oder in einer Situation, in der es hektisch ist und Sie beide zu wenig Zeit haben (z. B. Abholsituation).
Vertrauensbildende Maßnahmen
Schaffen Sie bei Aspekten, in denen es Ihnen möglich ist, Vertrauen, in dem Sie etwa auf den anderen zugehen oder zeigen Sie sich in anderen Situationen kompromissbereit. Dies schafft eine gute Basis auch für schwierige Situationen.
Verhandlungsmöglichkeiten suchen
Manchmal kann es in konflikthaften Situationen sinnvoll sein, zu verhandeln, z. B. in dem Sie bei einem anderen Thema auf den anderen Elternteil zugehen, und er bei diesem Thema auf Sie, z. B. wenn kein Kompromiss in Sicht ist. In den meisten Fällen ist ein solcher Ausgleich besser als der ewige Streit.
Regeln und Strukturen vereinbaren
Oft entstehen Missverständnisse, weil viele Dinge nicht geregelt sind, oder vom anderen Elternteil erwartet werden, aber nicht vereinbart wurden. Hier lohnt es sich, Rahmenbedingungen und Regeln zu vereinbaren, an die sich die Eltern halten.
Privatsphäre des anderen akzeptieren
Nach der Beziehung müssen Eltern ihre Rolle für die Zusammenarbeit neu gestalten ( Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil ). Dies ist durchaus mit Herausforderungen verbunden, jedoch hat diese neue Distanz häufig einen sehr beruhigenden Effekt auf konflikthafte Situationen nach der Trennung. Achten Sie die Privatsphäre des anderen Elternteils, erwarten Sie dies aber auch umgekehrt!
Was kann ich tun, wenn der andere sich keine Mühe gibt?
Hier erfahren Sie, welche Handlungsmöglichkeiten Sie haben, ganz unabhängig vom anderen Elternteil.
Ich bemühe mich um Frieden, aber der andere fängt immer wieder an...
Sie wird sich nie ändern...
Ich kann machen, was ich will....
Den Eindruck, dass man selbst vieles versucht, aber der andere Elternteil sich keine Mühe gibt, Konflikte zu vermeiden oder an vielem Schuld trägt, was gerade falsch läuft, haben viele Eltern. Solche Aussagen wie hier hört man immer wieder von getrennten Eltern im Konflikt – manchmal sogar von beiden Elternteilen! Häufig verbirgt sich dahinter das Gefühl, den Ereignissen und damit dem anderen Elternteil hilflos ausgeliefert zu sein, und nichts dagegen tun zu können. Dies ist jedoch falsch! Sie geben damit dem anderen Elternteil unnötig viel Macht über Ihr Leben und Ihre Emotionen nach der Trennung. Anstatt nur darauf zu schauen, was der andere Elternteil falsch macht, sollten Sie sich Ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten vergegenwärtigen.
Machen Sie den ersten Schritt und beachten Sie die folgenden drei Dinge:
Deeskalation und Kompromisse oder Grenzen ziehen?
Hier erfahren Sie, wann es besser ist, Stopp zu sagen und sich Unterstützung zu holen.
Wenn die Streitigkeiten nicht aufhören...
Nicht immer ist es möglich, Konflikte zu lösen und auch der Fokus auf Deeskalation hilft nicht immer, z. B. wenn Unstimmigkeiten immer wieder kehren und sich nicht grundsätzlich auflösen. Dann reicht es manchmal nicht mehr, wenn Eltern versuchen, ihre Streitigkeiten alleine beizulegen. Manchmal sind diese Versuche sogar kontraproduktiv. Stattdessen sollten sie sich, wenn sie alleine nicht mehr weiterkommen, einen sicheren und möglichst begleiteten Gesprächsrahmen suchen, z. B. in einer Beratungsstelle oder bei einer Mediation.

Wenn Kompromisse über die eigenen Grenzen gehen …
Auch bei einseitigen Kompromissen, die über die eigenen Grenzen gehen, ist Vorsicht geboten. Das Ziel der gemeinsamen Erziehung nach einer Trennung sollte immer sein, Lösungen zu finden, mit denen beide Elternteile leben können. Ist dies nicht der Fall, sollten Sie sich fragen, warum. Ist es wirklich allein Ihr Ärger? Werden Ihre Grenzen verletzt oder geht die Lösung auf Kosten des Wohlergehens Ihrer Kinder?
Gehen Sie auf Spurensuche!
Wenn Sie klare Warnsignale wie Handgreiflichkeiten oder Drohungen des anderen Elternteils erkennen, sollten Sie eine deutliche Grenze ziehen. Aber auch bei weniger sichtbaren Zeichen sollten Sie Stopp sagen, etwa wenn die Kinder in die elterlichen Konflikte hineingezogen werden oder der andere Elternteil Vorschläge macht, die die Beziehung zu Ihren Kindern beeinträchtigen. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Ihrem komischen Gefühl trauen können, holen Sie sich Feedback von Personen ein, die Ihnen die Wahrheit sagen würden, auch wenn es unangenehm ist. Auch neutrale Dritte wie Fachkräfte aus Beratungsstellen oder dem Jugendamt können hilfreiche Unterstützung bieten ( Anlaufstellen und Hilfen ).
Nachgeben um des Friedens willen ist nicht immer die beste Lösung. Manchmal kann es notwendig sein, Nein zu sagen und für die eigene Meinung einzustehen.
Quellen und Links
Hier können Sie nachlesen, woher die Informationen in diesem Abschnitt der Webseite stammen und finden außerdem weiterführende Links zu dem Thema.
Mehr zum Thema
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Quellen
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Weitere Informationen
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Kommunikation mit dem anderen Elternteil
Wie die Kommunikation mit dem anderen Elternteil verbessert werden kann
Für Kinder ist es wichtig, dass ihre Eltern nach der Trennung Wege finden, um weiter zusammenzuarbeiten und die Erziehung gemeinsam zu gestalten. Auf der Unterseite finden Sie Tipps und Gesprächsregeln, die Ihnen helfen können, sich besser mit dem anderen Elternteil verständigen.
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Manchmal kann es leichter sein, sich schriftlich auszutauschen. Es kann aber auch schnell zu Missverständnissen kommen. Auf der Unterseite erhalten Sie Informationen, wie der schriftliche Austausch mit dem anderen Elternteil gelingen und Konflikte vermieden werden können.
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Es ist herausfordernd als Eltern nach einer Trennung weiter gut zusammenzuarbeiten. Selbst, wenn es zwischen Ihnen gerade viele Konflikte geben sollte, gibt es aber dennoch Möglichkeiten, wie die Zusammenarbeit gelingen kann. Erfahren Sie auf der folgenden Unterseite, welches Modell von Elternschaft am besten zu Ihnen passt.
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