Begleitung bei der Trennungsbewältigung
Eltern haben viele Möglichkeiten, ihre Kinder nach der Trennung zu unterstützen und die Familienbeziehungen in der Nachtrennungsphase positiv zu gestalten. Hier erfahren Sie, welche Themen Kinder und Jugendliche nach der Trennung besonders beschäftigen, was für Kinder nach einer Trennung besonders wichtig ist und wie Sie Ihre Kinder durch diese Zeit gut begleiten können.
geändert am 25.08.22 von Dr. Janin Zimmermann und Dr. Ulrike Lux Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie die Inhalte dieser Seite im Überblick
- Was beschäftigt Kinder nach einer Trennung?
- Was ist für Kinder nach einer Trennung wichtig?
- Technik: Emotionscoaching
- Welche professionellen Hilfen gibt es?
Was beschäftigt Kinder nach einer Trennung?
Hier erfahren Sie, was Kindern nach der Trennung durch den Kopf geht und welche Fragen und Wünsche sie besonders beschäftigen.
Was ist für Kinder nach einer Trennung wichtig?
Erfahren Sie mehr darüber, was Kinder nach einer Trennung besonders von ihren Eltern brauchen.

Abstimmung zwischen den Eltern
Orientierung und Sicherheit
Versuchen Sie, so viele Dinge wie möglich genauso zu machen wie vor der Trennung. Dies gibt Ihren Kindern Sicherheit in einer Zeit, in der sich so vieles verändert. Auch klare Strukturen geben Kindern Halt, wie zum Beispiel eine konsequente Erziehung und zuverlässige Regelungen und Abläufe im Alltag. Dazu ist auch eine gute Abstimmung zwischen den Eltern notwendig. Dies gibt Kindern Orientierung und Sicherheit. Das heißt, in dieser Zeit brauchen Eltern manchmal starke Nerven, weil nicht nur die Kinder, sondern auch sie selbst die Trennung und die damit einhergehenden familiären Veränderungen erst verarbeiten müssen. Hilfreich ist hier in jedem Fall, dass Sie auch sich selbst dafür ausreichend Zeit und Freiraum nehmen.
Gesprächsangebote
Es hilft Kindern, mit den Veränderungen umzugehen, wenn ihnen die Situation verständlich erklärt wird und sie je nach Alter und Entwicklungsstand auch bei der Entscheidungsfindung, beispielsweise zur Betreuungsregelung, einbezogen werden oder konkrete Dinge mitentscheiden dürfen. Auch später sollten Eltern immer wieder das Gespräch mit ihren Kindern suchen und ihnen Informationen und Orientierung geben, wenn nächste Schritte anstehen. Hier finden Sie Informationen, wie Sie mit den Kindern über die Trennung sprechen können ( Aufklärung über die Trennung ) und hier, wie Sie ihre Wünsche bei der Betreuungsregelung einbeziehen können ( Wünsche der Kinder einbeziehen ).

Tröstender Vater
Geduld und Verständnis
Nach der Trennung sind viele Kinder verunsichert. Sie erleben zum Teil starke Gefühle oder zeigen (vorübergehend) Auffälligkeiten im Verhalten und ihrer Entwicklung. Deshalb ist es für Kinder wichtig, dass ihre Eltern ihnen mit Verständnis für die Situation begegnen, auch wenn die Kinder sich vielleicht sehr aggressiv verhalten oder verzweifelt weinen, weil sie die Trennung der Eltern rückgängig machen wollen. Wenn Kinder Entwicklungsrückschritte machen, etwa, dass sie wieder eine Windel brauchen oder nicht mehr durchschlafen, oder Leistungseinbrüche in der Schule erleben, sollten Eltern keinen Druck ausüben. Kinder sind in dieser Zeit in besonderer Weise auf warmherzige und emotional stabile Beziehungen zu ihren beiden Elternteilen angewiesen, in denen sie ausreichend Zuwendung, Unterstützung und Sicherheit brauchen. Im nächsten Abschnitt erfahren Sie mehr dazu, wie Sie Ihre Kinder bei belastenden Gefühlen unterstützen können.
Was mache ich, wenn mein Kind belastende Gefühle hat?
Hier erfahren Sie, wie Sie Ihre Kinder bei unangenehmen Gefühlen mit dem Emotionscoaching unterstützen können.
Was ist das Emotionscoaching?
Wenn ein Kind starke negative Gefühle zeigt – ob im Zusammenhang mit der Trennung oder auch bei anderen Dingen – ist es manchmal gar nicht so einfach, passend darauf zu reagieren.
Stellen Sie sich vor, Ihr Kind stürmt herein, knallt die Tür zu und schreit: „Ich gehe nie wieder in die Schule!“ oder Ihr Kind kommt nach der Zeit beim anderen Elternteil wieder zu Ihnen und weint verzweifelt: „Mama hört mir nie zu!“.
Was nun? Es ist oft gar nicht so einfach, ruhig zu bleiben und nicht selbst wütend zu werden, oder das Kind einfach schnell abzulenken und über die Sache hinwegzutrösten. Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Möglichkeit vor, wie Sie Ihre Kinder im Umgang mit ihren Gefühlen unterstützen können, das sogenannte Emotionscoaching.

Wütendes Kind
Technik: Emotionscoaching
Diese Technik ermöglicht es Ihnen, einen Schritt zurückzutreten und Ihrem Kind zu helfen, die Situation oder vielmehr seine Gefühle besser zu verstehen und selbst eine Lösung zu finden. Mit dieser Grundhaltung lernt Ihr Kind nicht nur, dass Sie es ernst nehmen, sondern auch, dass Sie ihm zutrauen, bestimmte Probleme selbst zu lösen. Das schafft Selbstvertrauen und stärkt die Selbständigkeitsentwicklung!
Inhalt des Videos in Textform
Emotionscoaching – Feinfühlig mit unangenehmen Gefühlen von Kindern umgehen
Frau Abadi hat schon häufiger erlebt, dass ihre Tochter Yasmin bedrückt oder aufgedreht vom Wochenende bei ihrem Vater nach Hause kommt.
Sie kann es nicht gut aushalten, dass es ihrer Tochter schlecht geht und würde diese Gefühle am liebsten schnell aus dem Weg räumen.
Sie hat vom Jugendamt gehört, dass Kinder besonders nach einer Trennung starke emotionale Reaktionen zeigen und oft nicht wissen, wie sie ihre Gefühle einordnen sollen.
Deswegen ist es wichtig, dass sie lernen, damit umzugehen. Dafür gibt es wohl eine Methode, die Emotionscoaching heißt. Frau Abadi will das mal mit ihrer Tochter ausprobieren.
Dabei geht es darum, dass sich Eltern Zeit nehmen, ihrem Kind zuzuhören, seine Gefühle anzunehmen und ihm bei der Suche nach Lösungen zu helfen.
Als Yasmin das nächste Mal von ihrem Vater zurückkommt und niedergeschlagen am Tisch steht, setzt sich Frau Abadi zu ihrer Tochter, statt wie sonst während des Kochens zu fragen, wie es beim Papa war.
Frau Abadi soll erstmal beschreiben, was sie sieht, ohne nach dem Warum zu fragen. Also sagt sie: "Yasmin, du siehst ziemlich bedrückt aus."
Wichtig ist, dass sie ihrer Tochter ausreichend Zeit lässt, um zu antworten und Yasmins Schilderungen z.B. durch Kopfnicken bestätigt.
Nach einer Zeit erzählt Yasmin, dass alles doof war am Wochenende, weil sie mit Papa doch nicht ihren Lieblingsfilm im Kino sehen konnte, weil er die falschen Karten gekauft hat.
Eigentlich würde Frau Abadi jetzt über den Vater schimpfen. Beim Emotionscoaching soll sie aber die Gefühle von Yasmin benennen und anerkennen.
Sie sagt, dass es sich so anhört, als ob Yasmin enttäuscht ist und dass sie das verstehen kann. Da Yasmin nichts hinzufügt, fragt sie behutsam nach, was als Nächstes passiert ist.
Yasmin erzählt, dass sie Papa unbedingt ihren Lieblingsfilm zeigen wollte und jetzt keine Lust mehr hat.
Papa hat sie aber nichts gesagt, damit er sich nicht aufregt.
Frau Abadi versucht, die ganze Situation in Worte zu fassen, also die Enttäuschung, weil sich Yasmin so gefreut hat.
Danach fragt sie Yasmin, wie es jetzt weiter geht und was sie gerne tun würde. Beim Emotionscoaching ist es wichtig, dass Frau Abadi ihre eigenen Ideen nicht gleich am Anfang einbringt.
Yasmin hat die Idee, dass man Filme ja auch online ausleihen kann, und will das Filmschauen beim nächsten Mal mit Papa nachholen.
Frau Abadi lobt Yasmin für die tolle Idee und ermuntert sie, es ihrem Papa vorzuschlagen.
Sehen Sie sich in diesem Video ein Beispiel für Emotionscoaching an.
Eltern-Tipp
Zuhören statt Reagieren
Das Emotionscoaching hilft Eltern, bei sensiblen Themen rund um die Trennung nicht sofort zu reagieren (etwa mit dem Kind über den anderen Elternteil zu schimpfen), sondern sich erst einmal in Ruhe die Sicht des Kindes anzuhören.
Wie funktioniert das Emotionscoaching?
Emotionscoaching Schritt für Schritt erklärt
Inhalt | Formulierungshilfen |
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1) Ungeteilte Aufmerksamkeit | |
Die Basis für das Emotionscoaching ist, dass Sie sich vollkommen Ihrem Kind zuwenden und Ihre aktuelle Tätigkeit unterbrechen, damit Sie Ihr Kind für ein Gespräch gewinnen und sich ganz auf Ihr Kind konzentrieren können. |
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2) Gefühle erfassen & benennen | |
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„Du siehst ja ganz aufgewühlt / bedrückt / wütend aus.“ Bestätigendes Kopfnicken, „Mhm“, „Ah, ja“ „Das muss für Dich ja ... gewesen sein“, „Du bist bestimmt ...“, „Das hört sich an, als ob Du ...“, „Das stelle ich mir so ... vor." |
3) Die Situation erforschen |
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„Und was war dann?“ „Was ist als Nächstes passiert?“ „Und wie ging es weiter?“ |
4) Unterstützung bei der Lösungssuche | |
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„Was magst du jetzt machen?“, „Wie geht es jetzt weiter?“ , „Was denkst Du würde deine Freundin in dieser Situation machen?“ „Was könntest Du als erstes tun?“, „Und was machst Du dann?", „Und danach?“ „Wie wäre es, wenn…“ |
In welchen Situationen eignet sich das Emotionscoaching?
Achtung!
Nicht jede Situation eignet sich für das Emotionscoaching
- Vermeiden Sie beispielsweise, Ihr Kind in der Öffentlichkeit, vor Geschwistern oder Großeltern auf seine Gefühle anzusprechen.
- Auch wenn Sie gerade in Eile oder selbst aufgewühlt sind, sollten Sie besser auf die nächste Gelegenheit warten.
- Respektieren Sie, wenn Ihr Kind nicht (sofort) über seine Probleme sprechen möchte. Seien Sie geduldig und lassen Ihr Kind den Schritt vorgeben. Zeigen Sie Vertrauen in die Fähigkeiten Ihres Kindes, sich eigenständig Lösungen überlegen zu können.
- Es ist zudem schwer, auf die Gefühle des Kindes einzugehen, wenn Sie selbst gerade belastet oder gestresst sind. Wenn Sie merken, dass eigene Gefühle (z. B. Wut oder Ängste) hochkommen oder in der Situation zu stark sind, versuchen Sie erst einmal selbst für sich zu sorgen (Selbstfürsorge ).

Tröstende Mutter
Eltern-Tipp
Selbstanwendung
Das Emotionscoaching kann auch Ihnen selbst dabei helfen, auf Ihre eigenen Gefühle aufmerksam zu werden und sich unangenehme Gefühle einzugestehen. Drücken Sie ruhig zwischendurch immer mal wieder auf den „Pausenknopf " und horchen Sie in sich hinein: Wie ist eigentlich gerade meine Stimmung? Welche Gefühle haben die Situation in mir ausgelöst? Dann können Sie auch besser überlegen, was Ihnen jetzt guttun oder helfen würde.
Welche professionellen Hilfen gibt es?
Hier erfahren Sie mehr über mögliche Hilfsangebote für Kinder von außen.
Unterstützungsangebote für Kinder
Fragen Sie Ihr Kind auch, ob es einmal mit jemand anderem sprechen möchte, der sich gut auskennt damit, wie es Kindern nach einer Trennung geht und gut zuhören kann. Manchen Kindern tut es gut, mit einem Außenstehenden zu sprechen, sie kennen aber häufig Angebote wie die Erziehungsberatung nicht, die auch für Kinder und Jugendliche eine Einzelberatung oder Kindergruppen anbietet. Gelingt Ihnen die Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil nach der Trennung nicht oder nur schwer, kann Hilfe von außen erforderlich sein. Trauen Sie sich, Unterstützung beispielsweise in einer Erziehungsberatungsstelle zu holen. Sie brauchen dafür auch nicht abzuwarten, bis es richtig schlimm ist!

Kindertherapie

Kindergruppe
Neben professionellen Beratungsangeboten für Eltern gibt es dort auch Kindergruppen, die sich ebenfalls als wirksam erwiesen haben, weil sie Kindern helfen, sich an die Trennung ihrer Eltern zu gewöhnen und ihnen die Möglichkeit geben, mit Gleichgesinnten zu sprechen. Hier finden Sie weitergehende Informationen zu Beratungsangeboten ( Anlaufstellen und Hilfen ). Wenn Ihr Kind durch die Trennung sehr stark belastet ist und über einen längeren Zeitraum starke emotionale Probleme oder Verhaltensauffälligkeiten zeigt, ist zudem auch eine individuelle Unterstützung des Kindes anzuraten. Angebote gibt es hier beispielsweise bei Erziehungsberatungsstellen, niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten oder einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Quellen und Links
Hier können Sie nachlesen, woher die Informationen in diesem Abschnitt der Webseite stammen und finden außerdem weiterführende Links zu dem Thema.
Mehr zum Thema
Hier finden Sie Informationen zu Quellen der Inhalte dieser Seite und Links zu vertiefenden Informationen.
Quellen
Gottman, J. M. (2011). Meta-emotion, children's emotional intelligence, and buffering children from marital conflict. In C. D. Ryff & B. H. Singer (Hrsg.), Series in affective science. Emotion, social relationships, and health (S. 23–40). Oxford: Oxford Univ. Press.
Gottman, J. M., Katz, L. F., & Hooven, C. (1997). Meta-emotion: How families communicate emotionally. Erlbaum.
Weitere Informationen
Gottman, J. & DeClaire, J. (1998). Kinder brauchen emotionale Intelligenz - ein Praxisbuch für Eltern. Heyne.
Graf, J. (2005). Familienteam - das Miteinander stärken: Das Geheimnis glücklichen Zusammenlebens. Herder.
Largo, R. H. & Czernin, M. (2015). Glückliche Scheidungskinder: Was Kinder nach der Trennung brauchen. Piper.
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