Kommunikation mit dem anderen Elternteil
Eine gute Verständigung mit dem anderen Elternteil ist sehr wichtig, wenn es darum geht, die gemeinsame Erziehung nach einer Trennung zu gestalten. Hier finden Sie allgemeine Informationen zum Thema Kommunikation und Tipps, die Ihnen helfen können, sich besser mit dem anderen Elternteil auszutauschen.
geändert am 22.08.22 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie die Inhalte dieser Seite im Überblick
- Wie kann die Kommunikation mit dem anderen Elternteil gelingen?
- Welche Gesprächsregeln helfen in der Kommunikation mit dem anderen Elternteil?
Wie kann die Kommunikation mit dem anderen Elternteil gelingen?
Hier werden Ihnen zwei Grundsätze der Kommunikation aus der Forschung vorgestellt.
Grundlagen der Kommunikation
Viele Expertinnen und Experten haben sich bereits mit dem Thema Kommunikation und Verständigung beschäftigt. Zwei der bekanntesten sind vermutlich Paul Watzlawick und Friedemann Schulz von Thun. Beide haben bestimmte Grundsätze aufgestellt, welche die menschliche Kommunikation erklären. Die zwei wichtigsten sind die folgenden:

1
Man kann nicht nicht kommunizieren
Sobald zwei Personen miteinander im Kontakt stehen, kommunizieren sie miteinander. Dies muss nicht immer mit Worten sein. Auch auf eine Frage nicht zu beantworten, die Augenbrauen hochzuziehen oder Gesten, wie die Arme zu verschränken, sind Formen der Kommunikation.
2
Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
Wenn wir miteinander sprechen, kann man unterscheiden zwischen dem, was gesagt wird, also der Übermittlung von Informationen (Inhaltsaspekt) und dem, was man damit über die Beziehung zwischen dem Sprechenden und dem Zuhörenden aussagt (Beziehungsaspekt). Häufig steht der Beziehungsaspekt im Vordergrund.
Wenn ein Kind z. B. zu seiner Mutter sagt: "Ich habe Hunger" ist das zunächst nur eine Information über die körperliche Empfindung des Kindes . Meist ist damit jedoch die nicht ausgesprochene Bitte an die Mutter verbunden, etwas zu essen zu machen, oder von ihr zu erfahren, wann es Essen gibt.
Eine Nachricht „senden“, heißt also immer auch, eine bestimmte Art von Beziehung auszudrücken.
"Sach-Ohr" und "Beziehungs-Ohr"
Der oder die Zuhörende kann diese Nachricht wiederum eher mit dem „Sach-Ohr“ oder mit dem „Beziehungs-Ohr“ hören, d. h. er oder sie nimmt entweder vor allem die Inhaltsaspekte oder die Beziehungsaspekte der Nachricht wahr. Häufig reagiert man nur auf bestimmte Aspekte einer Nachricht, weil man für diese gerade besonders empfänglich ist.

Ohr

Konflikte entstehen insbesondere dann, wenn der oder die Sprechende eigentlich etwas anderes sagen möchte als das, was der oder die Zuhörende versteht. Dies kann häufig der Fall sein, wenn der eine eigentlich eine Sachnachricht senden möchte, der andere aber v. a. den Beziehungsaspekt hört. Auch kann es sein, dass vom Zuhörenden ein ganz anderer Beziehungsaspekt aus der Nachricht herausgehört wird, als vom Sprechenden eigentlich beabsichtigt war. Die bisherigen Beziehungserfahrungen (die für jeden der beiden Ex-Partner unterschiedlich sind) spielen eine große Rolle dabei, mit welchem „Ohr“ eine Nachricht gehört wird und welche Beziehungsaspekte zusätzlich zur Sachinformation aufgenommen werden. Dadurch kann es passieren, dass der eine sich angegriffen und der andere sich missverstanden fühlt und hieraus ein Streit entsteht. Wenn dies in Gesprächssituationen mit dem anderen Elternteil häufiger vorkommt, fühlt man sich womöglich zunehmend hilflos und ausgeliefert, wie in einer Art Gefühlsachterbahn. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, schauen Sie sich die Videos zum Thema Gefühlsachterbahn und Pausenknopf an.
Damit der nach einer Trennung notwendige Rollenwechsel vom Paar zum Eltern-Arbeitsteam gelingt, lohnt es sich, beim Zuhören genauer auf den Inhaltsaspekt einer Nachricht zu achten, und nur darauf zu reagieren.
Hören Sie mit Ihrem „Sach-Ohr“ hin und fragen Sie sich: „Wie ist der Sachverhalt zu verstehen?“
In einem direkten Gespräch ist das für die meisten nicht so einfach und erfordert erst etwas Übung. Es kann daher leichter sein, mit dem anderen Elternteil schriftlich zu kommunizieren. Schauen Sie sich an, wie die schriftliche Kommunikation mit dem anderen Elternteil gelingen kann.
Welche Gesprächsregeln helfen in der Kommunikation mit dem anderen Elternteil?
Im Folgenden werden Ihnen die wichtigsten Gesprächsregeln für eine positive Kommunikation vorgestellt.
Basierend auf den oben vorgestellten Grundlagen der Kommunikation können Menschen bestimmte Strategien einsetzen, um die Kommunikation zu verbessern und sie konfliktfreier zu gestalten. Erste Hinweise zu den sogenannten Sprecher- und Zuhörerfähigkeiten finden Sie im Bereich Paare in der Krise . Auch wenn diese für Elternpaare geschrieben wurden, die (noch) zusammen sind, sind sie zum größten Teil auch nach der Trennung wichtig.

Gesprächsregeln
Um Konflikte zu vermeiden, kann es hilfreich sein, die folgenden Gesprächsregeln zu beachten.
- Fokussieren Sie sich auf das Ziel des Gesprächs: Worum soll es gehen?
- Streiten Sie nicht darüber, wie etwas gemeint ist, über die Gründe, die zu dem jetzigen Zustand geführt haben, oder wer daran Schuld trägt. Konzentrieren Sie sich auf das Ziel und eine darauf aufbauende Lösung!
- Sprechen Sie den anderen Elternteil als Vater bzw. Mutter an, um die Elternrolle in den Mittelpunkt zu stellen ohne sie bzw. ihn aber (vor dem Kind) schlecht zu machen. Dies kann das Kind belasten ( Loyalitätskonflikte ).
- Wiederholen Sie ggf. das, was Sie verstanden haben oder fassen Sie das Gespräch kurz zusammen, um das Gespräch zu verlangsamen und das Verständnis füreinander zu erhöhen.
- Vermeiden Sie Vorwürfe und „Du“-Botschaften; nutzen Sie stattdessen „Ich“-Botschaften, um zu verdeutlichen, was Ihnen wichtig ist.
- Seien Sie sachlich und höflich – auch wenn der andere Elternteil es nicht ist!
- Wenn Ärger aufkommt: Bremsen Sie das Bedürfnis aus, dem anderen Elternteil die Meinung zu sagen. Machen Sie eine Gesprächspause und nutzen einen hilfreichen „inneren Kommentar" ( Mit Stress umgehen ), um das Ziel des Gesprächs nicht aus dem Auge zu verlieren, oder führen Sie das Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fort.
- Sorgen Sie für sich selbst, tanken Sie Ihre Batterien auf ( Selbstfürsorge ).
Wenn es zwischen Ihnen beiden zunehmend schwieriger wird oder Konflikte häufig eskalieren, finden Sie hier weitere Hinweise, was helfen könnte, und wie man selbst zur Konfliktlösung und Deeskalation beitragen kann.
Tipps zur schriftlichen Kommunikation mit dem anderen Elternteil (z. B. in E-Mails, Kurznachrichten etc.) finden Sie hier:
Quellen und Links
Hier können Sie nachlesen, woher die Informationen in diesem Abschnitt der Webseite stammen und finden außerdem weiterführende Links zu dem Thema.
Mehr zum Thema
Hier finden Sie Informationen zu Quellen der Inhalte dieser Seite und Links zu vertiefenden Informationen.
Quellen
Schulz von Thun, & Friedemann (2010). Miteinander reden (Teil 1-3). Rowohlt.
Watzlawick, P., Beavin, J. H., & Jackson, D. D. (1996). Menschliche Kommunikation (Vol. 8). Huber.
Weitere Informationen
https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-kommunikationsquadrat
Link zu Webseite, geprüft am 09.09.2022
https://www.gfk-info.de/was-ist-gewaltfreie-kommunikation
Link zu Webseite geprüft am 09.09.2022
https://www.paulwatzlawick.de/axiome.html
Link zu Webseite geprüft am 09.09.2022
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