Kinder in der Trennungssituation
Die Trennung der Eltern kommt für die meisten Kinder überraschend: Sie sind verunsichert, zeigen vielleicht Belastungsanzeichen oder erleben viel Streit zwischen ihren Eltern. Hier erfahren Sie, wie Sie Ihren Kindern die Trennung erklären, wie Sie sie liebevoll begleiten können und was Kinder von ihren Eltern brauchen.
erstellt am 04.09.22 von Dr. Janin Zimmermann, Prof. Dr. Heinz Kindler und Dr. Ulrike Lux Entwicklungs- und Familienpsychologie, Deutsches Jugendinstitut und Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie die Inhalte dieser Seite im Überblick
- Welche Folgen hat eine Trennung oder Scheidung für Kinder?
- Wie spricht man mit Kindern über die Trennung?
- Wie kann man Kinder bei der Bewältigung der Trennung unterstützen?
- Wie können die Beziehungen der Kinder zu beiden Elternteilen erhalten und Loyalitätskonflikte vermieden werden?
Welche Folgen hat eine Trennung oder Scheidung für Kinder?
Hier erfahren Sie, wie Kinder auf die Trennung ihrer Eltern reagieren, woran Sie erkennen, dass Ihre Kinder belastet sind und welche Faktoren besonders die Trennungsverabeitung bei Kindern beeinflussen.
Die Trennung ihrer Eltern bringt im Leben von Kindern vieles durcheinander. Die Situation verunsichert Kinder und es ist normal, dass sie erst einmal belastet reagieren und die Trennung verarbeiten müssen. Den meisten Kindern gelingt es mit der Zeit allerdings gut, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Anderen Kindern fällt die Anpassung schwerer.

Trauriges Kind
Kinder verarbeiten Trennungen ganz unterschiedlich
Dabei sind manche Reaktionen ganz ähnlich wie bei Erwachsenen, andere aber auch ganz anders. Hier sehen Sie die häufigsten Reaktionen von Kindern auf die Trennung.
Protestverhalten
- Wutausbrüche
- Starkes Weinen
- Anklammern in Trennungssituationen
Anpassungsprozesse
- Durch zeitweisen Fokus auf Trennungsverarbeitung weniger Konzentration und Energie für andere Dinge (z. B. Lernen, Spielen, Freunde)
- Mit der Zeit Abnahme negativer Gefühle und Wiedererlangen von Sicherheit und Geborgenheit
Gedanken und Gefühle
- Vermissen des jeweiligen Elternteils
- Wunsch, dass die Eltern wieder zusammenkommen
- Schuldgefühle
- Zerrissenheit und Wunsch, es allen recht zu machen
- Ängste, einen Elternteil zu verlieren
Sie möchten mehr darüber erfahren, welche Folgen eine Trennung für Kinder hat und wie Kinder die Trennung verarbeiten?
Zur UnterseiteHäufige Belastungsanzeichen von Kindern
Viele Kinder zeigen in Folge der Trennung zeitweise einige Belastungsanzeichen. Alter, Entwicklungsstand und Persönlichkeit der Kinder beeinflusst dabei, wie sich die Belastungen bei den Kindern äußern. In den folgenden Bereichen können Belastungen deutlich werden:
Video
Sehen Sie sich hier auch ein Video zu den Trennungsfolgen bei Kindern an!
Inhalt des Videos in Textform
Trennung der Eltern: Was belastet Kinder und wie kann man ihnen helfen?
Eine Trennung ist für fast alle Kinder schwer, weil sie häufig mit vielen Veränderungen und Konflikten der Eltern einhergeht.
Es ist völlig normal, dass Kinder auf diese Situation reagieren.
Gleich nach der Trennung haben Kinder oft starke Gefühle wie Traurigkeit und Wut und zeigen zeitweise auch Änderungen in ihrem Verhalten.
Manche Kinder sind stiller als sonst, haben auf nichts mehr Lust, können in der Schule nicht richtig aufpassen oder wollen sich von ihren Eltern nichts mehr sagen lassen.
Andere Kinder leiden unter Schlafproblemen oder Bauchweh und manche zeigen Rückschritte in ihrer Entwicklung.
Oft sind das vorrübergehende Reaktionen auf die neue Lebenssituation. Die meisten Kinder können die Trennung ihrer Eltern nach einiger Zeit gut bewältigen.
Manchen Kindern fällt die Bewältigung aber schwer. Auffälligkeiten im Verhalten fallen dann stark aus oder klingen über einen längeren Zeitraum nicht ab.
Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben:
Die Umstände der Trennung, das Ausmaß an Veränderungen im Alltag und den Beziehungen, aber auch die Fähigkeiten des Kindes mit Veränderungen umzugehen können eine Rolle spielen.
Anhaltende Konflikte oder eine schlechte Zusammenarbeit der Eltern können auch dazu beitragen, dass Kinder mehr Schwierigkeiten haben, sich an die Trennung anzupassen.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Eltern ihren Kindern in dieser Situation helfen können. Wichtig ist, ihnen die Trennung verständlich zu erklären und bei wichtigen Entscheidungen wie der Betreuungsregelung möglichst auch ihre Wünsche einzubeziehen.
Auch Verständnis für Gefühle ist wichtig; d.h. die Kinder zu trösten, wenn sie traurig sind oder den anderen Elternteil vermissen, und sich Zeit für sie zu nehmen.
Außerdem sollten Kinder weiterhin Unterstützung und Zuwendung durch beide Elternteile erfahren.
Hilfreich sind z.B. eine konsequente Erziehung, zuverlässige Abläufe und Regelungen.
Zeigt ein Kind über längere Zeit Auffälligkeiten, kann es zudem wichtig sein, sich Hilfe zu holen.
Neben verschiedenen Beratungsangeboten für Eltern gibt es z.B. Kindergruppen zu Trennung und Scheidung, etwa in Erziehungsberatungsstellen.
Professionelle Unterstützung kann den Eltern helfen, Konflikte zu klären. Der Austausch mit anderen Kindern kann dazu beitragen, die Trennung einzuordnen und Strategien zu finden, mit der Trennung umzugehen.
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Kinder in unterschiedlichem Alter auf die Trennung der Eltern reagieren?
MEHR ERFAHRENWarum fällt manchen Kindern die Anpassung an die Trennung leichter und manchen schwerer?
Viele Faktoren spielen eine Rolle dabei, wie leicht Kindern die Anpassung an die neue Familiensituation gelingt.
Hier sehen Sie eine Auswahl der wichtigsten Einflussfaktoren:
- Persönlichkeit der Kinder
- Qualität der Eltern-Kind-Beziehung
- Vorhandensein weiterer Belastungen in der Familie (z. B. psychische Probleme eines Familienmitglieds, finanzielle Sorgen)
- Ausmaß an weiteren Veränderungen (z. B. Umzug, Schulwechsel)
- Dauer und Ausmaß an Konflikten der Eltern
- Zusammenarbeit der Eltern in der Erziehung
Sie möchten noch mehr dazu erfahren, was die Trennungsverarbeitung von Kindern beeinflusst?

Belastungen in der Familie
Wie spricht man mit Kindern über die Trennung?
Hier können Sie erfahren, warum es gut ist, mit Kindern über die Trennnung zu sprechen und wie das am besten geht.
Gespräche mit Kindern über die Trennung
Es ist wichtig, mit Kindern über die Trennung zu sprechen, da die elterliche Trennung auch für sie mit vielen Veränderungen und Verunsicherung verbunden ist. Erhalten sie keine Erklärung für die Situation, gehen sie selbst auf die Suche und geben sich womöglich selbst die Schuld an der Trennung ihrer Eltern oder entwickeln Ängste, dass ihre Eltern sich auch von ihnen trennen könnten. Um solchen Ängsten und Gedanken vorzubeugen und den Kindern in der Situation Sicherheit zu geben, sind altersgemäße Gespräche sehr wichtig.
Viele Eltern fragen sich, wie sie am besten mit den Kindern über die Trennung sprechen können. Hier finden Sie Informationen zu den wichtigsten Punkten, die man im Gespräch mit den Kindern beachten sollte sowie ein Beispielgespräch.

Mutter und Tochter im Gespräch
Wie kann man Kinder bei der Bewältigung der Trennung unterstützen?
Hier erfahren Sie, was Kinder in der Trennungssituation beschäftigt, was sie brauchen und wie Sie Ihren Kinder dabei helfen können.
Was ist für Kinder nach einer Trennung wichtig?
Um Kinder bei der Bewältigung der Trennung gut unterstützen zu können, müssen Eltern wissen, was ihnen durch den Kopf geht und was für sie besonders wichtig ist. Wenn man Kinder fragt, was sie sich am meisten nach der Trennung wünschen, kommen häufig folgende Antworten:
Sie möchten mehr dazu erfahren, welche Fragen und Gedanken Kinder bei der Trennung ihrer Eltern besonders beschäftigen und wie man sie bei der Trennungsbewältiung unterstützen kann?
Unterstützung bei der Trennungsbewältigung
Eltern haben viele Möglichkeiten, ihre Kinder bei der Bewältigung der Trennung zu unterstützen.
Das sind die TOP 3 der Dinge, wie Sie Ihre Kinder nach der Trennung unterstützen können:
1
Orientierung und Sicherheit geben
Behalten Sie Routinen bei, stimmen Sie sich mit dem anderen Elternteil gut ab und vermeiden Sie Konflikte vor den Kindern, damit der Kontakt zu beiden Eltern sichergestellt werden kann.
2
Mit den Kindern sprechen
Informieren Sie sie über die Situation und fragen Sie sie nach ihren Wünschen und Bedürfnissen bei Betreuungsregelungen.
3
Geduld und Verständnis zeigen
Die Verarbeitung der Trennung ist manchmal ganz schön anstrengend – für Eltern und Kinder – und sie braucht Zeit. Seien Sie geduldig und verständnisvoll bei starken Gefühlen und Belastungsanzeichen.
Erfahren Sie hier mehr dazu, wie Sie Ihre Kinder bei der Trennungsverarbeitung unterstützen können.
Mehr erfahrenEltern-Tipp
Die Technik des Emotionscoachings kann hilfreich sein, um mit Kindern über ihre Gefühle zu sprechen. Lesen Sie hier, wie diese funktioniert.

Mutter tröstet Tochter
Sie und Ihre Kinder müssen die Trennung aber nicht allein bewältigen! Es gibt viele Angebote zur Unterstützung von Kindern, deren Eltern sich getrennt haben, z. B. Gruppenangebote für Kinder, aber auch Einzelberatungsangebote. Lesen Sie hier mehr dazu.
Wie können die Beziehungen der Kinder zu beiden Elternteilen erhalten und Loyalitätskonflikte vermieden werden?
Hier finden Sie Informationen darüber, wieso es wichtig ist, dass Kinder zu beiden Eltern eine gute Beziehung haben, wie sich Loyalitätskonflikte bei Kindern auswirken und wie sie sich vermeiden lassen. Außerdem erhalten Sie Tipps, wie Sie eine gute Beziehung Ihrer Kinder zum anderen Elternteil aktiv fördern können.
Beziehungserhalt zu beiden Elternteilen
Damit Kinder nach der Trennung ihrer Eltern eine positive Beziehung zu beiden Elternteilen beibehalten können, sind sie auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Hierzu ist es wichtig, dass beide Elternteile die Beziehungen des Kindes zum jeweils anderen Elternteil anerkennen und wertschätzen und deren Erhalt aktiv fördern und unterstützen (sog. Bindungsfürsorge oder Bindungstoleranz).
Allerdings ist es manchmal gar nicht so einfach, die Beziehung zum anderen Elternteil zu fördern. Starke negative Gefühle gegenüber dem anderen Elternteil, Sorgen, ob es dem Kind beim anderen Elternteil gut geht und ungelöste, wiederkehrende Elternkonflikte können der Bindungsfürsorge im Weg stehen. Sie suchen Tipps, wie Sie mit diesen Herausforderungen umgehen können?

Wie entstehen Loyalitätskonflikte?
Erleben Kinder immer wieder Konflikte zwischen ihren Eltern mit und haben sie immer wieder das Gefühl, sich zwischen ihnen entscheiden zu müssen geraten Kinder in sog. Loyalitätskonflikte. Dies bedeutet für Kinder Stress! Sie befürchten dann, die Zuneigung eines Elternteils zu verlieren, wenn sie sich auch dem anderen Elternteil verbunden fühlen und ihm zeigen, dass sie ihn gerne haben. Dauert eine solche Situation an, kann sich das langfristig negativ auf die Entwicklung der Kinder und die Beziehung der Kinder zu beiden Elternteilen auswirken.
Erfahren Sie hier mehr zu den Folgen von Loyalitätskonflikten für Kinder und welche konkreten Situationen bei Kindern Loyalitätskonflikte auslösen können. Dies kann Ihnen helfen ungünstige Situationen bewusst zu vermeiden.
In diesem Video berichten drei Kinder, wie es ihnen damit ging, dass die Elternbeziehung nach der Trennung schwierig und konflikthaft war und was ihnen geholfen hat.
Inhalt des Videos in Textform
"Wir sind STARK!" - Miteinander klar kommen trotz Trennung
Sophie (genervt): Boah, immer das gleiche, wenn die beiden sich sehen… . Sorry.
Can: Kein Ding, ist doch nicht so schlimm…
Sophie: Doch voll peinlich. Immer nur Streit und das obwohl sie ja schon getrennt sind. Ich kann sagen was ich will - am Ende krieg ich meistens noch den Ärger ab.
Can: Mach dir nix draus! Bei uns ist es auch echt mies. Uns hat man gesagt, dass wir unseren Vater weiterhin sehen dürfen. Meine Mutter will das aber nicht. Immer, wenn wir fragen, sagt sie blöde Sachen über ihn und meint, dass es nicht geht. Glaub meine Schwester hat schon aufgegeben, aber ich will meinen Vater schon gerne sehen!
Emily: Meine Eltern reden seit der Trennung überhaupt nicht mehr miteinander. Ich muss immer den ganzen Kram zwischen den beiden regeln, wer was zahlt, wie so ne Postbotin. Dabei will ich eigentlich überhaupt nichts damit zu tun haben.
Can: Oh Mann… aber es bringt eh nix, wenn man was sagt.
Emily: Also ich hab mal gehört, dass man Leuten - wenn sie einem nicht zuhören - aufschreiben soll, wie‘s einem geht und was man sich wünscht.
Can: Ähh, du meinst, ich soll nen Brief schreiben??? Hmm, warum nicht, dann können sie uns wenigstens nicht immer unterbrechen.
Sophie: Boah schwer, keine Ahnung, wie man sowas schreibt. Okay, das klingt ganz gut.
Einige Monate später.
Can: Hey, sagt mal, was ist eigentlich bei euren Briefen rausgekommen?
Sophie: Voll gut! Bei uns hat das echt was gebracht! Ok… Streit gibts schon noch - aber sie lassen jetzt mich damit wenigstens in Ruhe und wenn sie reden müssen, dann gehen sie manchmal auch zu so ner Beratungsstelle.
Can: Bei mir lief’s nur halb gut. Mein Vater war ziemlich sauer auf meine Mutter, als er gelesen hat, wie‘s mir geht und hat krass gemeine Sachen zu ihr gesagt. Ich hatte dann ein richtig schlechtes Gewissen. Aber, ich fand‘s schon gut, dass er mich öfter sehen will. Jetzt sind meine Eltern zum Gericht gegangen und die Richterin hat entschieden, dass ich wieder öfter zu ihm darf. Sie hat sogar gefragt, was ich eigentlich will. Und das mit dem Brief fand die Richterin übrigens total cool. Und bei dir?
Emily: Meine Eltern haben danach das erste Mal überhaupt wieder miteinander geredet. Am Telefon gibt‘s zwar immer mal Krach, aber manchmal schreiben sie sich jetzt dann auch einfach. Sie haben endlich gecheckt, dass sie mich raushalten sollen. Bin ja auch echt nicht ihre Postbotin!
Sophie: Krass, die Briefe haben also echt was gebracht. Na ich sag euch: Manchmal müssen die Eltern auch einfach mal auf ihre Kinder hören!
Can: Stimmt und jetzt sag ich euch mal was, ich zock euch gleich beide ab.
Sophie: Haha, das will ich sehen!
Tipps zur Bindungsfürsorge
Sie fragen sich, was Sie tun können, damit Ihr Kind auch nach der Trennung eine gute Beziehung zum anderen Elternteil hat? Folgende Tipps können helfen:
1
Begegnen Sie dem anderen Elternteil bei Übergaben möglichst neutral und besprechen Sie Konfliktthemen immer nur in Abwesenheit der Kinder mit dem anderen Elternteil.
2
Bleiben Sie mit dem anderen Elternteil im Austausch. Lassen Sie Ihre Kinder keine Botschaften an den anderen Elternteil übermitteln und fragen Sie sie nicht über den anderen Elternteil aus.
3
Geben Sie Ihren Kindern das Gefühl, dass es in Ordnung für Sie ist, wenn es beide Elternteile gerne mag und gerne Zeit mit dem anderen Elternteil verbringen möchte.
Weitere Tipps finden Sie hier: