Gestaltung von Übernachtungen von Babys und Kleinkindern
Erste Übernachtungen beim getrenntlebenden Elternteil können für Babys und Kleinkinder manchmal sehr herausfordernd sein. Im Folgenden finden Sie Empfehlungen und Tipps, die Sie bei der Gestaltung von Übernachtungen beachten können.
geändert am 29.08.22 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Wichtigste in Kürze
Hier finden Sie die Inhalte dieser Seite im Überblick
- Welche Besonderheiten müssen bei Übernachtungen von Babys und Kleinkindern berücksichtigt werden?
- Wie kann ein schrittweiser Aufbau von Umgangskontakten gelingen?
- Die Übernachtung hat nicht gut geklappt: Was nun?
Welche Besonderheiten müssen bei Übernachtungen von Babys und Kleinkindern berücksichtigt werden?
Informieren Sie sich hier, was man bei Umgangskontakten mit Übernachtungen von kleinen Kindern berücksichtigen sollte.
Besonderheiten von Übernachtungskontakten bei Babys und Kleinkindern
Wenn die Partnerschaft von Eltern von Babys und Kleinkindern auseinandergeht, ergeben sich einige besondere Herausforderungen bei der Gestaltung von Übernachtungskontakten. Die Eltern-Kind-Beziehungen befinden sich in dieser Zeit erst noch im Aufbau. Auch Fähigkeiten wie Zeitwahrnehmung oder der Umgang mit negativen Gefühlen wie beispielsweise Trennungsangst entwickeln sich erst allmählich. Gleichzeitig müssen die Kinder die vielen Veränderungen im Alltag bewältigen, die mit der Trennung der Eltern einhergehen ( Trennungsfolgen ). Nicht zuletzt findet der Beziehungsaufbau auch nicht mehr mit beiden Eltern gemeinsam im selben Haushalt, sondern in getrennten Wohnungen statt.
Stabilität und Routinen
Erkenntnisse aus der Forschung deuten darauf hin, dass sich Stabilität und ein gleichbleibender Rhythmus im Alltag positiv auf die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern auswirken. Eine gute Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Eltern in dieser frühen Familienphase ist folglich für die Gestaltung von Kontakten besonders wichtig.
- Gemeinsame Aktivitäten finden, die Ihrem Kind Spaß machen, auch mal Ihr Kind entscheiden lassen, was gemacht wird
- Regelmäßig nachfragen, wie es z. B. in der Schule war, was ihm:ihr besonders Spaß macht, mit welchen Kindern er:sie spielt, etc.
- Hobbies unterstützen - zu Aufführungen, Sportturnieren o.ä. begleiten
- Oft loben, wenn Ihr Kind etwas gut gemacht hat - auch kleine Dinge (Ein schönes Bild gemalt, einem Freund geholfen, Zimmer aufgeräumt…)
- Gemeinsame Rituale etablieren, z. B. gemeinsames Abendessen, Vorlesen zum Einschlafen, sonntags spazieren gehen...

Schlafendes Baby
Besondere Entwicklungsphasen
In besonderen Entwicklungsphasen in der frühen Kindheit, wenn Trennungsangst oder Fremdeln, Klammern oder vermehrte Trotz- und Wutanfälle gerade stark ausgeprägt sind, können erste Übernachtungen beim anderen Elternteil herausfordernd sein und sollten deshalb gut geplant werden.
Eingewöhnungszeit
Gerade bei den ersten Umgängen oder insbesondere bei Übernachtungen in der neuen Wohnung eines Elternteils braucht es eine Eingewöhnungsphase, ähnlich wie in der Krippe oder Kita. Kinder müssen sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen, um sich sicher und wohl zu fühlen.
Allmählicher Beziehungsaufbau
Kinder sind in den ersten Lebensjahren besonders auf die körperliche Nähe und den Schutz ihrer Bindungspersonen angewiesen. Trennungen beispielsweise durch Übernachtungen bei den Großeltern bedeuten für sie großen Stress und lösen Angst und Kummer aus – soweit keine andere Bindungsperson zur Verfügung steht, die ihnen emotionale Sicherheit gibt. Deshalb ist es wichtig, dass bereits eine stabile Bindung zum getrenntlebenden Elternteil besteht, wenn Übernachtungen erfolgen, damit sich das Kind von diesem bei Kummer oder Angst beruhigen lässt. Für einige Eltern ist dies nicht leicht zu verstehen, denn aus ihrer Wahrnehmung ist die Beziehung zum Kind meist von Anfang an ganz eng. Babys bauen ihre Bindungsbeziehungen allerdings erst allmählich durch viele gemeinsame Erfahrungen mit ihren Eltern auf. Übernachtungskontakte gelingen folglich oft leichter, wenn der getrenntlebende Elternteil vor der Trennung bereits intensiv in die Betreuung und Versorgung des Kindes eingebunden war. Falls dies vor der Trennung nicht der Fall war, etwa weil die Trennung schon sehr früh erfolgte, sollten die untenstehenden Schritte besonders beachtet werden.
- "Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber deine Mama und ich waren in letzter Zeit öfter mal ein bisschen grantig miteinander. Das hat aber überhaupt nichts mit dir zu tun und egal was los ist, wir haben dich immer sehr lieb!"
- "Manchmal sind Menschen, die sich eigentlich sehr gernhaben auch ein bisschen böse miteinander – vielleicht warst du auch schonmal sauer auf deinen besten Freund? Mit deinem Papa und mir ist das auch manchmal so. Aber genauso, wie du dich mit deinem besten Freund wieder vertragen kannst, schaffen Papa und ich das bestimmt auch!"
Wie kann ein schrittweiser Aufbau von Umgangskontakten gelingen?
Hier zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt wie der Umgang mit kleinen Kindern aufgebaut werden kann.
Schrittweiser Aufbau von Übernachtungsumgängen
Um kleinen Kindern die ersten Übernachtungen beim getrenntlebenden Elternteil zu erleichtern, sollten diese ausreichend geplant und schrittweise vorbereitet werden. Ein solcher schrittweiser Aufbau erfordert auf Seiten beider Eltern eine hohe Bindungstoleranz ( Familienbeziehungen und Loyalitätskonflikte ) und gegenseitige Wertschätzung. Zudem müssen die Bedürfnisse des Kindes immer im Blick behalten werden, beispielsweise indem das Kind, falls es nicht beruhigt werden kann, zum anderen Elternteil zurückgebracht wird. Im Folgenden finden Sie Empfehlungen, wie ein schrittweiser Aufbau gestaltet werden kann.
Sehen Sie sich hier ein Video zum schrittweisen Aufbau von Übernachtungskontakten an!
Inhalt des Videos in Textform
Trennung der Eltern: Gestaltung erster Übernachtungen mit Kleinkindern und Säuglingen
Laura und Tobias haben eine schwierige Trennung hinter sich und möchten den Umgang für ihren einjährigen Sohn Leon regeln.
Leon schläft bisher immer bei Laura, weswegen sich die Eltern nicht sicher sind, wie sie die ersten Übernachtungen bei Tobias gestalten sollen.
Von einer Beraterin weiß die Familie, dass Übernachtungen besonders bei Kleinkindern und Säuglingen gut geplant werden sollten, weil sie in diesem Alter die Beziehung zu den Eltern erst aufbauen.
Um Kleinkindern Sicherheit zu geben, ist es wichtig, dass es geregelte und zeitlich näher beieinanderliegende Übernachtungen gibt und sie sich gut aufgehoben fühlen.
Weil Tobias bisher noch keine Gelegenheit hatte, viel Zeit alleine mit Leon zu verbringen, und so eine stabile Beziehung zu ihm aufzubauen, ist es erst einmal wichtig, dass er häufiger als alle zwei Wochen Kontakt zu seinem Sohn hat.
Laut der Beraterin soll Tobias dann zunächst ausprobieren, wie es Leon beim Mittagschlaf mit ihm geht.
Als das gut geklappt hat, beschließen die Eltern, dass Leon innerhalb von zwei Wochen zwei bis drei Mal bei Tobias übernachtet.
Laura bleibt dann immer in der Nähe von Tobias‘ Wohnung, damit sie bei Bedarf schnell da sein kann.
Bei der ersten Übernachtung war alles gut. Aber beim zweiten Mal konnte Leon gar nicht einschlafen und hat viel geweint.
Tobias hat Leon zwar etwas beruhigen können, aber das hat leider nur kurz geholfen, und auch mit Mama zu telefonieren war nicht so erfolgreich.
Laura ist dann bei Tobias vorbeigekommen, hat Leon dort gemeinsam mit Tobias beruhigt und ist wieder gegangen.
Dadurch erfährt Leon nicht nur die Beruhigung durch seine Mutter, sondern merkt auch, dass sein Vater weiß, was zu tun ist, damit es Leon wieder gut geht.
Auch wenn das Tobias nicht leicht gefallen ist, weiß er, dass es ganz normal ist, wenn die ersten Übernachtungen nicht funktionieren.
Denn die Beraterin hat ihm erklärt, dass das am Anfang oft auch bei Oma oder in der Kita so ist.
Da Laura und Tobias durch die Unterstützung von der Beraterin gelernt haben, wie wichtig es gerade in den ersten Jahren für Leon ist, dass sie als Eltern gut kooperieren, haben sie das gut geschafft.
Wichtig ist, dass die Eltern sich selbst und ihrem Kind ausreichend Zeit geben, sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Auch wenn das heißt, dass man den Ärger auf den anderen Elternteil runterschlucken und das mit den Übernachtungen einige Male probieren muss.
Die Übernachtung hat nicht gut geklappt: Was nun?
Was Sie tun können, wenn die Übernachtungen schwierig sind erfahren Sie hier.

Weinendes Baby
Zeit lassen
Auch wenn es für viele Eltern nicht leicht ist, ist es ganz normal und nicht schlimm, wenn die Übernachtungen zunächst nicht gut klappen. Das kommt am Anfang häufig auch bei den Großeltern oder in der Kita vor! Andersrum kann es passieren, dass die ersten Nächte gut laufen und es erst danach zu größerem Trennungsstress und Schwierigkeiten bei der Beruhigung kommt. Auch das ist ganz normal. Geben Sie sich und Ihrem Kind Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen, auch wenn das bedeutet, dass Sie den Ärger auf den anderen Elternteil runterschlucken und die Übernachtungen einige Male gemeinsam ausprobieren müssen.
Wichtiger als die Übernachtung selbst, sind gute Umgangskontakte, wenn das Kind wach ist. Hier sollten die Bindungsbedürfnisse des Kindes in den Vordergrund gestellt werden.
Tagesumgänge fortsetzen
Manchmal kann es das Beste sein, den Umgang mit Übernachtungen zunächst noch einmal zu verschieben und sich noch eine Weile auf regelmäßige Tagesumgänge zu beschränken und diese vom Umfang allmählich auszuweiten. Denn wenn das Kind bei den ersten Übernachtungen großen Stress erlebt und alle Beruhigungsversuche fehlschlagen, ohne dass es beispielsweise zum hauptbetreuenden Elternteil zurückgebracht wird, kann das auch die Beziehung zum hauptbetreuenden Elternteil belasten, etwa durch vermehrte, länger andauernde Irritationen, Ärger und stärkere Trennungsängstlichkeit. Vor allem wenn eine enge Zusammenarbeit der Eltern für einen gemeinsamen Aufbau der Übernachtungen nicht ausreichend vorhanden ist, kann auch so ein Bindungsaufbau als auch eine positive Eltern-Kind-Beziehung zum getrenntlebenden Elternteil ermöglicht werden. Wie gesagt, wichtiger als die Übernachtung selbst, sind gute Umgangskontakte, wenn das Kind wach ist. Hier sollten die Bindungsbedürfnisse des Kindes in den Vordergrund gestellt werden.

Vater mit Baby
Hinweis
Insgesamt erfordert die Umsetzung von Übernachtungskontakten im Kleinkindalter eine hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit und gegenseitige Wertschätzung. Es kann deshalb hilfreich sein, wenn sich Eltern bei vielen Streitereien oder Konflikten fachliche Hilfe suchen, um eine gute Regelung für ihre Kinder zu entwickeln. Sie möchten sich zu fachlichen Unterstützungsangeboten informieren?
Quellen und Links
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Quellen
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